Köln | aktualisiert | Die Rechtspopulisten von „Pro NRW“ dürfen vom Bahnhofsvorplatz durch die Kölner Innenstadt, über die Deutzer Brücke zum Ottoplatz ziehen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Köln vor wenigen Minuten. In der Begründung geht es darauf ein, dass ein Verdacht, dass auch „HOGESA“-Klientel mitlaufen könnte, den die Polizei ausgesprochen habe, nicht bestehe. Allerdings mobilisieren Dortmunder Rechte von der Partei „Die Rechte“ für die Veranstaltung. Beide Parteien können gegen den Beschluss Rechtsmittel einlegen. Die Kölner Polizei hat Rechtsmittel vor dem OVG Münster gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln eingelegt.

Die Begründung des Verwaltungsgerichts Köln: „Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Beschluss vom heutigen Tag dem Antrag der Veranstalter der Versammlung „Keine Huldigungen für Erdogan in Deutschland: Stoppt den islamistischen Autokraten vom Bosporus!“ gegen die Verfügung des Polizeipräsidiums Köln vom 28. Juli 2016 stattgegeben. Die Untersagung des angemeldeten Demonstrationszuges vom Bahnhofsvorplatz in Köln bis hin zum Ottoplatz in Köln-Deutz hat das Gericht für rechtswidrig erachtet.

Angemeldet hatte eine der beiden Antragstellerinnen eine Auftaktkundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz, einen Aufzug über die Komödienstraße, die Tunisstraße, die Deutzer Brücke und die Deutzer Freiheit und eine Abschlusskundgebung auf dem Ottoplatz in Köln-Deutz. Das Polizeipräsidium Köln hatte daraufhin ausschließlich die Versammlung auf dem Ottoplatz bestätigt und den Demonstrationszug untersagt. Zur Begründung hatte es darauf hingewiesen, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen ein unfriedlicher Verlauf der Veranstaltung zu erwarten sei. Diese Annahme beruhe auf der zu erwartenden Teilnahme von Mitgliedern des sogenannten „HoGeSa-Klientels“. Die Veranstalter der Versammlung sind dem entgegengetreten und haben darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, friedlich zu demonstrieren. Kontakte der Veranstalter zum HoGeSa-Spektrum bestünden nicht.

Das Gericht ist der Einschätzung des Polizeipräsidiums nicht gefolgt. Es geht davon aus, dass keine ausreichend fundierten Tatsachen vorlägen, die auf eine Teilnahme des sogenannten „HoGeSa-Klientels“ schließen ließen. Eventuellen Störaktionen einzelner Personen aus dem HoGeSa-Umfeld sei durch die eingesetzten Ordner – ggf. mit Unterstützung der Polizei – zu begegnen.“

Die Anmelderin der Demonstration Ester Seitz und „Pro NRW“ jubeln über das Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln und sprechen von einer Nachhilfestunde in Sachen Versammlungs- und Meinungsfreiheit für den Kölner Polizeipräsidenten.

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Aktenzeichen: 20 L 1784/16

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Wer mobilisiert für den rechten Aufmarsch?

Der Verfassungsschutzbericht 2015 des Landes NRW führt „Pro NRW“ und „Die Rechte“ aus Dortmund auf. Beide mobilisieren für die Gegendemonstration am kommenden Sonntag, die das Verwaltungsgericht Köln gestattet hat. „Pro NRW“ ist den Kölnern durch „Pro Köln“ bekannt, auch wenn die beiden Bürgerbewegungen mittlerweile öffentlich ihre Abgrenzung austragen. Aber wer ist „Die Rechte“?

Wer ist „Die Rechte“, die auch für die Demonstration in Köln mobilisiert

„Die Rechte“ aus Dortmund mobilisiert auf Ihrer Internetseite mit der Schlagzeile  „Dortmund fährt nach Köln: Keine fremden Konflikte auf deutschem Boden!“ Aber wer ist „Die Rechte“, die in Köln keinen Ableger hat, dafür aber in Aachen, Düsseldorf oder im Rhein-Erft-Kreis. Der Verfassungsschutzbericht NRW spricht von rund 300 Mitgliedern und Anhängern in NRW. Eindeutig stellt der Verfassungsschutzbericht NRW dar: „Der Landesverband Nordrhein-Westfalen der Partei
Die Rechte ist vor allem ein Sammelbecken von Neonazis, die aus den 2012 verbotenen Kameradschaften kommen. Die Führung des Landesverbandes sowie der aktivsten Kreisverbände wurde von langjährigen Aktivisten übernommen, die bereits Führungsaufgaben in den damaligen Kameradschaften innehatten.“ Weiter heißt es im Kurzporträt der Verfassungsschützer: „Die Partei Die Rechte zeichnet sich durch eine ideologische Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus und aggressiv- kämpferisches Auftreten auf.“ Vor allem im Dortmunder Stadtrat fällt der Vertreter immer wieder auf. Dort, so der Verfassungsschutzbericht, sagte er in einer Rede am 14. September 2015 zum Thema Flüchtlinge: „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus.“ Der Verfassungsschutzbericht spricht von islamfeindlichen Kampagnen der Rechten, Antisemitismus und Rassismus, der offen ausgesprochen werde. Man stellt sich in die Tradition der Nationalsozialisten.

Besonders für die Kölner Situation am kommenden Sonntag dürften die Passagen aus dem Verfassungsschutzbericht zur Ausführung von Demonstrationen sein. Auch vor dem Hintergrund des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln. Zitat aus dem Verfassungschutzbericht NRW 2015: „Der Landesverband Nordrhein-Westfalen wird von militanten Neonazis dominiert, die in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Straftaten und darunter auch Gewalttaten auffielen. Im Jahr 2015 sind mehrere Partei-Aktivisten aus Nordrhein-Westfalen wegen Volksverhetzung und Körperverletzungsdelikten verurteilt worden, darunter der Bezirksvertreter in Dortmund- Scharnhorst. Um weitere strafrechtliche Verfolgungen zu vermeiden, beschränken sich inzwischen in der Partei organisierte Neonazis überwiegend auf legale Aktionen. Trotz dieser taktischen
Anpassung zeigt die Partei in zahlreichen Stellungnahmen und Aktionen ihre aggressiv-kämpferische Haltung. Bei den Demonstrationen setzt Die Rechte den aggressiven, aktionsorientierten Stil der Kundgebungen der verbotenen Kameradschaften, der auf die Beherrschung des öffentlichen Raumes abzielt, fort. Die Demonstration des Landesverbandes am 1. Mai 2015 in Essen endete damit, dass Anhänger der Partei nach dem Ende Veranstaltung randalierend durch die Innenstadt zogen und fremdenfeindliche Parolen skandierten.“ Die NRW-Verfassungsschützer sprechen auch davon, dass „Die Rechte“ versuche ihre Feinde einzuschüchtern, darunter Politiker, Journalisten und Bürger. Erst in der Silvesternacht 2015 kam es in Dortmund zu einem Angriff von rund 20 Anhängern der Partei „Die Rechte“ auf Polizeibeamte, die mit Flaschen beworfen und Silvesterraketen beschossen wurden.

Zudem gibt es und gab es mehrere Anzeichen und Berichte, etwa in der „Welt“, dass Anhänger der Partei „Die Rechte“ auch auf den Kölner „HOGESA“-Märschen mit von der Partie waren.

NPD mobilisiert für die „Pro NRW“-Veranstaltung

Das Portal „bnr – blick nach rechts“, herausgegeben von der Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft berichtet, dass auch die NPD für die von Ester Seitz angemeldete Veranstaltung mobilisiere. So soll das Münchner Stadtratsmitglied Karl Richter als Redner auftreten. Den Aufruf der Dortmunder Partei „Die Rechte“, so „bnr“, tragen auch Wuppertaler Neonazis mit.

Autor: Andi Goral