Köln | Die Last des Amtes ist von Jürgen Roters abgefallen. Locker, beschwingt und fröhlich wirkte der Oberbürgermeister a.D. und seine Frau Angela bei der Festsitzung des Kölner Rates in der Piazetta des Historischen Rathauses. Er genoss sichtlich die Ehre, die ihm zu Teil wurde. Mit Standing Ovations und einem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt verabschiedete die Stadt ihren ehemaligen Oberbürgermeister. Der fand auch mahnende Worte, alle Teile der Gesellschaft mitzunehmen und sich entschieden gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu stellen.

„Köln der Nabel der Welt“

Der Laudator Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner, Generaldirektor der ESA flog gar gleich aus dem Weltraum mitten nach Köln, dass manchmal glaube der Nabel der Welt zu sein. Er ordnete in den Zeitläuften der Erde, die ja 13,7 Milliarden Jahre alt sein soll, die sechs Jahre Oberbürgermeister von Jürgen Roters launig ein. Erzählte Anekdoten, wie des abgelehnten Weltraumtelefonats mit Alexander Gerst. Dieses kam erst im zweiten Anlauf zu Stande, weil Roters die Telefonnummer nicht kannte und den Call aus dem Orbit erst einmal wegdrückte. Es war eine versöhnliche Festsitzung des Rates, der Applaus kräftig, manch einer der Ratsfrauen und Ratsherren enthielt sich an der ein oder anderen Stelle mit dem Klatschen, aber am Ende gab es für Jürgen Roters Standing Ovations.

Nie die Contenance verloren

Die heutige Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die seit Oktober 2010 als Sozial- und Umweltdezernentin unter OB Roters im Stadtvorstand wirkte, lobte die Contenance mit der Roters auch schwierigen Situationen begegnet sei. Sie habe Roters als freundlich und den Menschen zugewandt erlebt. Es habe ihn ausgezeichnet, dass man ihm vorbehaltlos alles sagen habe können und er eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens geschaffen habe. Roters sei nie wütend geworden, er sei ein Vorbild, so Reker. Der ehemalige Oberbürgermeister habe ihr vermittelt prozesshaft und für die lange Strecke zu denken – bei einem Langstreckenläufer wie Roters, der auch schon den Köln-Marathon absolviert hatte, kein Wunder. Roters habe sich zudem sehr gut in der Stadt ausgekannt, merkte Reker an. Diese Kenntnis habe er von nächtlichen Fahrten mit dem Auto oder der KVB gehabt, die er oft unternommen habe. Roters habe zudem nie Geld bei sich gehabt und sie habe ihn nie mit Geld in der Hand gesehen. Henriette Reker dankte auch Angela Roters, die ihren Mann unterstützte, als dieser die Stadt in den Mittelpunkt seines Lebens gestellt habe.

Gemischte Gefühle

Er habe gemischte Gefühle vor diesem Tag erlebt, so Roters. Seit sechs Monaten stehe er nicht mehr im Rampenlicht, sondern sei in die Kulisse zurückgetreten, erleichtert um die Belastung und Anstrengung des Amtes. Jetzt freue er sich über das hohe Maß an Wertschätzung, dass die Stadt ihm entgegenbringe und betont die besondere Ehre sechs Jahre lang erster Bürger der „einzigartigen“ Stadt Köln zu sein. Auch heute noch würden ihn Menschen auf der Straße mit Hallo OB begrüßen, denen er dann zurück winke und zurufe: „a. D.“ – wörtlich gesprochen „Ade“.


Oberbürgermeister a. D. Jürgen Roters trägt sich in das Goldene Buch der Stadt Köln ein

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Klar gegen Rechts – Dank für demokratische Solidarität

Roters betonte die Begegnungen mit den Menschen in Köln auf den vielfältigen Ebenen. Diese Begegnungen werde er nie vergessen. Seine Chinareise mit den Höhner und Roten Funken, sowie die Auftritte des Gürzenich Orchesters und der Kölner Oper in Peking nennt er Höhepunkte. Deutliche Worte fand Roters zu den rechten Gruppierungen im Rat – immerhin hatte Roters fast 50 Ratssitzungen geleitet. Er bedankte sich bei den demokratischen Parteien für den Rückhalt, wenn es nötig war gegen Hass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Kölner Rat, zu agieren. Er habe dann eine demokratische Solidarität gespürt. Roters bedankte sich auch bei den Bürgermeistern, Bezirksbürgermeistern, der Regierungspräsidentin und vielen Ehrenamtlichen, die sich für das Wohl in der Stadt einsetzen. Den Stadtvorstand, also den Kreis der Dezernenten, nannte Roters seinen Anker in der Politik und die Zusammenarbeit offen und vertrauensvoll. „Vertraulich war vertraulich und landete nicht in den Medien“, so Roters zur Arbeit des Stadtvorstandes.

Menschen zusammenbringen

Am Ende mahnte das ehemalige Stadtoberhaupt darauf zu achten, dass die Kluft zwischen denen die regierten und den Menschen die in der Stadt leben, nicht zu groß werde und es keine Entfremdung geben dürfe. Man müsse die Menschen ernst nehmen und ihnen so kein Alibi für rechtspopulistische Strömungen geben. Gerade die Menschen, die tagtäglich ihren Job machen, ob sie Pakete bringen oder auf dem Bau schufteten, verdienten die besondere Aufmerksamkeit der Politik. Die Politik muss sich um die Menschen kümmern und sich ihren Wünschen und Erwartungen stellen. In diesem Zusammenhang wies Roters auf den Ankauf der 1.000 Wohnungen in Chorweiler hin. Dies sei ein Signal gegen Resignation gewesen und der weitere Prozess gebe Anlass zur Hoffnung. Roters: „Mit Henriette Reker ist die Stadt in guten Händen. Diese Stadt hat eine gute Zukunft. Jetzt wage ich doch noch einen kölschen Spruch: Maat et joot.“

Die festliche Ratssitzung war umrahmt von Vorträgen der Bläsersolisten des Gürzenich-Orchesters. Jürgen Roters trug sich in das Goldene Buch der Stadt Köln ein. Es war ein fröhlicher, lockerer Abschied von Oberbürgermeister Jürgen Roters, an diesem Samstagvormittag im Kölner Rathaus.

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Der Werdegang von Jürgen Roters

Jürgen Roters hat seine klassische Verwaltungskarriere in Münster bei der Bezirksregierung gestartet. Sie führte ihn ins Kultusministerium NRW, die Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung des Landes NRW zum persönlichen Referenten des Innenministers NRW Herbert Schnoor. 1994-1999 war Jürgen Roters Polizeipräsident von Köln, anschließend bis 2005 Regierungspräsident. 2009 wurde Jürgen Roters, unterstützt von seiner Partei SPD und den Kölner Grünen zum Oberbürgermeister der Stadt Köln gewählt. Seine Amtszeit endete am 20. Oktober 2015.

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Autor: Andi Goral
Foto: Laudator Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Oberbürgermeister a. D. Jürgen Roters, Angela Roters und die Kinder