Köln | KOMMENTAR | Wer in den vergangenen fünf Tagen in Köln dem Twitter oder Facebook-Account der Kölner Polizei oder die Nachrichtenlage Kölner Medienhäuser und in ganz Deutschland verfolgte, der wird feststellen, dass der Wortbaustein „Terror“ inflationär gebraucht wird. Ein Kommentar von Andi Goral.

Alles begann am Donnerstag den 18 Juli nach vier Uhr in der Früh. Die Kölner Polizei twittert unter einem Bild das zwei Polizeifahrzeuge zeigt: „Durchsuchung wegen Terrorgefahr“. Auch der zweite Tweet an diesem Tag der Behörde, die Einladung zur Pressekonferenz beginnt mit genau diesem Wort „Terrorgefahr – Polizei Köln durchsucht Wohnungen in Düren und Köln“. Auch das Update um 18:15 Uhr ist mit „Terrorgefahr“ überschrieben, obwohl in der darunter stehenden Meldung bekannt gegeben wird, dass etwa die Suche nach Sprengstoff auf der Baustelle keine Erkenntnisse brachte.

Wer sich die Mühe macht und in die Suchmaschine Google im Bereich News die Worte „Terror + Köln“ eingibt, wird nicht nur schnell fündig, sondern findet hunderte Einträge vom tiefsten Bayern bis an die Nordsee die alle das Wort „Terror“ beinhalten – eine kleine Sammlung: „Terror-Razzia“, „Anti-Terror-Razzien“, „Polizei setzt Terrorverdächtige fest“, „Terror in Köln“, „Terrorverdacht“, „Terror-Verdächtige“, „Terror-Verdächtigter“, „Anti-Terror-Einsatz“ oder „Terroranschlag“. Kaum ein Medium, das nicht das Keyword „Terror“ nutzt. Aber warum eigentlich, müssten nicht gerade Medien es besser wissen?

Es gibt keinen Grund das Wort „Terror“ zu diesem Zeitpunkt in den Mund zu nehmen

Erinnern wir noch einmal an den Ablauf. Es gibt zwei Personen, die der Verfassungsschutz und die Polizei in Berlin und Köln als islamistische Gefährder einstufen. Diese beiden Männer und zwei weitere Männer hat sie, ohne Hinweise auf eine Straftat und ohne, dass dies die dafür zuständige Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf eine Straftat bejahte, in Gewahrsam genommen. Grundlage ist eine kriminalistische Einschätzung. Diese mag sogar berechtigt gewesen sein, auf der Basis der Erkenntnisse und der Rückschlüsse, die die Behörde daraus zog. Diesem Verdacht geht sie nach, musste aber schon einräumen, dass sich einige Dinge als Fehleinschätzung ergaben.

Steht Clickbaiting als Aufgabe der Ordnungshüter im NRW-Polizeigesetz?

Warum publiziert die Polizei dann das Wort Terrorgefahr? Und warum übernehmen dieses Wort selbst renommierte Medien, nicht nur der Boulevard? Die Polizei und die Medienhäuser kennen den Ablauf, wenn es sich wirklich um Terroristen handeln würde. Dann würden die Ermittlungen beim Generalbundesanwalt und nicht in der Kölner Behörde geführt. Dann wäre immer noch Zeit dafür, das Wort „Terror“ zu benutzen. Aber warum ist es schick das Wort in den digitalen Resonanzraum zu werfen? Es bringt Clicks, Likes, Faves und Kommentare. Dies gilt auch für die Kölner Polizei, die ihre äußerst erfolgreichen Sozialen Netzwerkkanäle damit befeuert. Da bekommt die Behörde von den Claqeuren viel Beifall. Gleiches gilt für die Medien. Clickbaiting, überbordende Öffentlichkeitsarbeit oder sogar Meinungsmache in der Öffentlichkeit durch presseähnliche Veröffentlichungen steht weder im NRW-Polizeigesetz noch ist dieses Verhalten der Kölner Polizei durch das Grundgesetz und die darin festgeschriebene Staatsferne bei Medien gedeckt.

Jeder Tag braucht mindestens einen Terror-Alarm

Wie weit die Hysterie mittlerweile geschürt wird, kann auch heute wieder betrachtet werden. Da titelt das Kölner Boulevardmedium „Terror-Alarm am Flughafen Köln/Bonn – Jetzt gibt es einen Verdacht der wütend macht“. Ah da ist es wieder das Clickstarke Wort „Terror“. Und um was geht es. Auf dem Köln Bonner Flughafen haben Sicherheitskräfte am Samstag ein Loch im Zaun entdeckt und auch nach Suche mit Hund und Hubschrauber gab es keine Erkenntnisse der Bundespolizei. Haben zumindest alle Kölner Medien schon am Samstag berichtet. Also aller Wahrscheinlichkeit nach falscher Alarm. Aber das verkauft sich nicht, schürt keine Ängste, bringt keine Clicks, also muss das Wort „Terror“, die eigentlich schon über der Halbwertszeit befindliche Geschichte am Sonntag erneut befeuern. Und wen verdächtigen die Terror-Hysteriker vom „Express“ jetzt: Einen Planespotter, der zaunfreie Fotos machen wollte. Cool.

Aber einmal seriös nachgefragt: Haben sich die, die zu jeder Meldung so schnell wie aus der Pistole geschossen, das Wort Terror oder wie die Polizei sogar „Terrorgefahr“ schreiben, gefragt, was sie schreiben wollen, wenn es wirklich einmal ernst ist? Müssen wir dann titeln „Terrorgefahr – jetzt echt“?

Autor: Andi Goral
Foto: „Terrorgefahr“ titelte die Kölner Polizei auf allen ihren Kanälen und in ihren Pressemitteilungen, obwohl sie nur Personen überprüfte, die als Gefährder eingestuft sind.