Köln |Studierende des Bachelor-Studiengangs Medienkulturwissenschaft der Universität zu Köln haben sich im Wintersemester 2018/19 die Bücherschränke in den Kölner Vierteln, darunter rück, Ehrenfeld, Kalk und anderen Stadtteilen einmal pro Woche angesehen und eine Fallstudie erstellt. Report-K fragte auch beim Netzwerk Autorenrechte und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) nach, wie diese das öffentliche Book-Sharing aus Sicht der Autorinnen und Autoren bewerten.

50 bis 70 Prozent der in Bücherschränken eingestellten Bücher finden schon nach einer Woche eine neue Leserin oder Leser, so die wichtigste Erkenntnis aus der Fallstudie. Einmal pro Woche wurden die Bücherschränke von den Studierenden insgesamt zwischen 12 und 15 Mal aufgesucht. Die Studierenden dokumentierten den Bestand im Zeitverlauf, den Zustand der Bücher oder Auffälligkeiten, wie etwa Widmungen oder Stempel in den Büchern. Auch die Gattungen und Genres wurden kategorisiert.

Hohe Nutzung des Angebots

Aufgefallen sei die hohe Nutzung des Angebotes, so die Fallstudie. So stellen die Studierenden fest: „Im Durchschnitt fasst ein Bücherschrank ca. 250 Bücher, von denen je nach Standort mindestens ein Drittel bis zu 90 Prozent zwischen zwei Erhebungen entnommen und durch neue Bücher ersetzt wurde. Die teilweise deutlichen Unterschieden im Grad der Nutzung lassen sich vorläufig durch verschiedene Faktoren erklären. Die Übersichtlichkeit des Angebotes sowie die Sichtbarkeit des Bücherschranks zeigten sich dabei als zentral. So werden Bücherschränke, die gut einsehbar platziert sind weitaus umfänglicher genutzt als Bücherschränke, die eher versteckt im Foyer von Bürgerämtern, in Einkaufspassagen oder auf Schulhöfen zu finden sind. Eine Überfülle an Büchern und das Fehlen einer ehrenamtlichen Betreuung durch Vereine oder Privatpersonen wirkt eher abschreckend.

Zustand der Bücher ist gut

Das Angebot der Bücher ist breit gefächert und unterscheidet sich von Stadtteil zu Stadtteil. Wenig überraschend überwiegt Belletristik, insbesondere Krimis und Liebesromane. Daneben finden sich allerdings auch allerlei Kuriositäten, seien es Ernährungsratgeber aus den 1960er-Jahren oder Originalausgaben, die bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts verlegt wurden. Die meisten Bücher indes sind jüngeren Datums, wobei sich bemerkenswerte Häufigkeiten des Erscheinungsjahres in den 1970er-, 1990er- und 2000er-Jahren zeigen. Durchaus erfreulich, wurden die meisten Bücher in einem eher guten, zumindest lesbaren Zustand vorgefunden.“

Das sagen die Autorinnen und Autoren

Lena Falkenhagen, Bundesvorsitzende Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, antwortete für das Netzwerk Autorenrechte auf die Anfrage dieser Internetzeitung, wie das Book-Sharing aus Sicht der Autorinnen und Autoren zu bewerten sei: „Wir finden nicht-kommerzielle Bücherschränke und Book-Sharing-Initiativen, solange sie den Primärmarkt nicht gefährden, sehr sympathisch. Auch Autorinnen und Autoren profitieren davon, wenn gelesen wird und Bücher verschenkt werden. Finden bereits gelesene Bücher auf diese Weise neue Liebhaber*innen, freut das auch die Autorin oder den Autor. Da die Bücherschränke keinen Erwerbszwecken dienen, kommt auch das Vermietrecht (§17 Abs. 3 UrhG) nicht zum Tragen.“

Allerdings gibt das Netzwerk zu bedenken, dass sobald Bücherschränke kommerzialisiert werden, andere Regeln gelten müssten. Dazu zählten etwa Einstellgebühren oder Werbung auf den Bücherschränken. Falkenhagen: „Auch Bücherverschenk-Ringe, die mit ihren Dimensionen den Primärmarkt gefährden, sind nicht im Sinne der Urheberinnen und Urheber. Bis dahin freuen wir uns darüber, dass Bücher weiterhin so beliebt sind und sehen das ganze als Investition in eine Gesellschaft, die gern liest.“

Urheberrecht sieht diese Form nicht vor

Die VG Wort verweist ebenfalls auf das Urheberrecht und dass es sich hierbei um einen Tausch gebrauchter Bücher handele und dieser sei rechtlich, anders als die Vermietung erlaubnisfrei. Die VG Wort nimmt daher in diesem Bereich keine Nutzungsrechte oderVergütungsansprüche für seine Wahrnehmungsberechtigten wahr und dies sei rechtlich auch nicht möglich, schreibt die Organisation. Man kenne das Phänomen der Bücherschränke und beobachte es, so die VG Wort. Die VG Wort geht derzeit davon aus, dass die wirtschaftliche Bedeutung vernachlässigbar sei und daher bestehe bei diesem Phänomen derzeit kein Handlungsbedarf.

Autor: Andi Goral
Foto: Das Symbolfoto zeigt einen Bücherschrank in München.