„Die Menschen wollen wieder miteinander lachen“

Köln | Das Stück „Abschiedsdinner“ von Alexandre de la Patellière und Mathieu Delaporte zählt zu den Kassenschlagern des Boulevardtheaters. Bis zum 8. November ist es im Theater am Dom in den Opern Passagen zu sehen. Auf der Bühne stehen Martin Semmelrogge, Mariella Ahrens und Marko Pustisek. Im Stück geht es um Freundschaften und darum wie man alte Freunde elegant wieder loswerden kann. Martin Semmelrogge spricht im Interview über den Reiz des Stücks, über Freundschaft und über seine Zeit in Köln.

Sie stehen gerade im Theater am Dom auf der Bühne. Wie nutzen Sie Ihre Zeit in Köln?
Martin Semmelrogge: Ich stehe jeden Tag auf der Bühne, am Wochenende gibt es sogar zwei Vorstellungen. Nur am Montag habe ich frei. Meistens gehe ich morgens zuerst ins Fitnessstudio und in die Sauna. Das ist etwas, das ich während des Lockdowns sehr vermisst habe. Ich liebe Saunagänge. Danach mache ich eine kleine Siesta in meiner Wohnung und am Nachmittag geht es mit dem Rad über die Deutzer Brücke in Richtung Süden nach Poll und ins Gremberger Wäldchen. Die Tour führt immer am Rhein entlang. Da kann man auch gut Texte lernen oder vertiefen. Ab und zu gehe ich auch mit meinem alten Kumpel Willi Herren zum Joggen. Der läuft richtig gerne und vor allem lange. Ich mache das sonst nur auf Mallorca mit den Hunden am Strand. Am freien Montag habe ich auch schon die Zeit genutzt, um meinen Enkel in Braunschweig zu besuchen oder zu meinem Sohn nach Düsseldorf zu fahren.
Welche Beziehung haben Sie zu Köln?
Semmelrogge: Meine Frau kommt aus Köln und gute Kumpels wie Willi oder Ralf Richter leben hier. Außerdem mag ich Bap gerne und war schon oft als Schauspieler im Theater am Dom engagiert. Ich bin mit Robby Heinersdorff befreundet und habe auch einen guten Kontakt zu Oliver Durek, dessen Familie das Theater gegründet hat. Ich bin allerdings kein Karnevalstyp. Aber ich mag Köln als lebenslustige und offene Stadt. Die Kölner haben eine Mentalität, mit der ich gut zurechtkomme. Schön ist in Köln auch die Nähe zu Holland und damit zum Meer.
Was mögen Sie am Theater am Dom?
Semmelrogge: Das Theater hat ein tolles Team mit gestandenen Theatermachern. Das gilt für den Bühnentechniker genauso wie für die Regieassistentin. Was mit imponiert sind die Kollegen, die hier schon auf der Bühne gestanden sind – das waren die Topleute unserer Branche. Schön ist im Theater die breite Bühne, um die das Publikum herum sitzt. Sonst muss man oft frontal spielen. Beim Theater im Dom sind dagegen auch ganz normale Gesprächssituationen möglich. Da wird der Zuschauer zum Voyeur. Das kommt dem Stück und auch den Darstellern zugute. Ich möchte, wenn ich auf der Bühne stehe in erster Linie Spaß haben, sonst kommt das, was ich spiele, nicht gut rüber.
Worum geht es beim Stück „Abschiedsdinner“?
Semmelrogge: Es geht um Freundschaft und darum, wie man alte Freunde auf eine elegante Art und Weise und ohne, dass sie es merken, loswerden kann. Das Stück handelt aber auch davon, wie man um eine Freundschaft kämpft und wie man sie wiedergewinnen kann. Da geht es dann auch ums Eingemachte.
Wie wichtig ist Ihnen Freundschaft?
Semmelrogge: Ich habe einen wirklich guten Freund. Das ist jemand, der sich sofort ins Auto setzen würde, wenn ich irgendwo ein Problem habe und Hilfe brauche. Ansonsten habe ich viele gute Kumpels. Das sind Leute, die man, wenn man nach Köln kommt, fragen kann, wo es das beste Fitnessstudio oder ein gutes Steakhaus gibt. Da bekommt man Tipps und trifft sich dann auch vor Ort. Mir ist es auch wichtig, dass man ein gutes Verhältnis zu den Kollegen wie jetzt im Theater am Dom hat. Da geht man auch mal gemeinsam ins Fitnessstudio oder hat jemand zum Reden, wenn irgendwo der Schuh drückt.
Mit Jochen Busse führt ein Schauspielerkollege die Regie im Stück.
Semmelrogge: Jochen ist wie ein altgedienter Offizier und gehört zu den Menschen, die nicht immer gleich alles gut finden, was man auf der Bühne macht. Da geht man nochmal durch eine Schule. Aber er ist ein sehr erfahrener Theatermacher und kennt viele Tricks für die Bühne. Und er ist jemand, der eine Haltung hat und der die Sachen auf seine Art macht. Es ist schön, dass es solche Leute noch gibt und dass man mit Ihnen zusammenarbeiten kann. Ich habe in meiner Karriere einige solcher Menschen kennengelernt wie Hans-Joachim Kulenkampff, Gustav Knuth oder Theo Lingen.
Was macht den Erfolg von „Abschiedsdinner“ aus?
Semmelrogge: Es ist ein in sich stimmiges Stück, das den voll Nerv trifft. Es arbeitet mit einem schönen schwarzen Humor und bietet immer wieder brutale Wendungen, die man so nie erwarten würde. Das macht für mich auch das Zusammenspiel mit den Kollegen so reizvoll. Da wird der Partner auf der Bühne immer wieder aufs Neue herausgefordert. Und „Abschiedsdinner“ ist ein Stück, das gut unterhält, das aber durchaus auch Substanz hat.
Wie fühlt es sich an, in Zeiten von Corona Theater zu machen?
Semmelrogge: Man fühlt sich wie ein Held, weil man die Menschen von der kulturlosen Zeit des Lockdowns erlösen kann. Die Leute haben genug vom langweiligen Fernsehprogramm und vom Internet. Sie wollen wieder rausgehen und etwas erleben – ob das jetzt ein Theaterstück oder ein Fußballspiel im Stadion ist. Da geht es auch um das soziale Miteinander, das den Leuten gefehlt hat. Man will wieder zusammen lachen, das merken wir, wenn wir auf der Bühne stehen.

Autor: Von Stephan Eppinger