Cambridge | Der Bioinformatiker und Direktor des European Bioinformatics Institute Cambridge, Rolf Apweiler, warnt vor einer rasanten Ausbreitung der Corona-Mutante B117 in Deutschland durch zu rasche Lockerungen. Daten seines Instituts hätten ergeben, dass „die neue Variante sich etwa achtmal so schnell verbreitet wie die anderen Varianten“, sagte Apweiler am Montag RTL und ntv. Er zählt zum Kreis der Experten, die regelmäßig Bund und Länder in der Coronakrise beraten.

Die Warnung des Chef-Virologen der Berliner Charité, Christian Drosten, dass eine Lockerung der derzeitigen Maßnahmen durch die hohe Infektiosität der neuen Corona-Mutante B117 im schlimmsten Fall 100.000 Fälle pro Tag verursachen könne, bekräftigte Apweiler: „Das konnte man sehen in Großbritannien im Dezember, als diese Maßnahmen gelockert worden sind. Da sind insgesamt diese Zahlen der anderen Varianten um 40 Prozent hochgegangen. Die Zahlen der Variante B117 sind um das 10-fache gestiegen. Also, es ist keine Schwarzmalerei, aber das würde bedeuten, dass man die Maßnahmen sehr stark lockert und das macht man ja nicht, sondern wir werden sie hier in Deutschland verstärken.“ Sollten aufgrund der sinkenden 7-Tage-Inzidenz in Deutschland Lockerungen umgesetzt werden „hat man in sechs bis acht Wochen eine ähnliche Situation wie in Großbritannien Ende des Jahres und innerhalb von drei Monaten eine katastrophale Situation“, so die Prognose des Bioinformatikers.

Gesundheitsministerium: Mutation kein Grund für Astrazeneca-Engpass

Eine angebliche Anpassung aufgrund neuer Virus-Mutationen ist nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums kein Grund dafür, dass es zu Lieferengpässen beim Corona-Impfstoff von Astrazeneca kommt. „Die Anpassung des Vakzins ist es wohl nicht, es gibt Produktionsprobleme“, sagte Ministeriumssprecher Hanno Kautz am Montag in Berlin. Man erwarte weiterhin eine EU-Zulassung für Freitag.

Im Februar gebe es dann „schon mehrere Millionen Impfdosen von Astrazeneca, weniger als erwartet, aber immerhin“. Hinweise auf Verzögerungen bei Moderna gebe es nicht. „Moderna ist im Plan“, sagte Kautz.

Lieferpläne und Berechnungen, die der dts Nachrichtenagentur vorliegen, zeigen, dass Deutschland bis zum Quartalsende am 31. März mit insgesamt rund 18 Millionen Impfdosen von drei Herstellern rechnen kann, darunter über fünf Millionen von Astrazeneca, knapp zwei Millionen von Moderna und über zehn Millionen von Biontech/Pfizer. Die bereits ausgelieferten Dosen sind dabei ebenso schon eingerechnet, wie alle derzeit bekannten Lieferengpässe. Weil alle drei Hersteller zwei Dosen pro Impfling vorschreiben, können mit den 18 Millionen Dosen bis Anfang April maximal etwa neun Millionen Menschen in Deutschland geimpft werden.

In den darauffolgenden Monaten sollen die Impfzahlen drastisch steigen, auch dank Wirkstoffen weiterer Hersteller, auf deren Zulassung die Bundesregierung hofft.

Autor: dts