Berlin | Der Mangel an Pflegepersonal in deutschen Krankenhäusern entwickelt sich nach Ansicht von Ärztevertretern zu einem zentralen Problem bei der Versorgung von Covid-19-Patienten. Viele der Zusatzbetten, die in der Pandemie in den Kliniken geschaffen worden seien, könnten „nicht belegt werden, weil das Personal zur Versorgung der Patienten fehlt“, sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben). Janssens mahnte: „Wir haben einen dramatischen Mangel an Pflegekräften.“

Es gebe inzwischen „ausreichend Kapazitäten an freien Intensivbetten und Beatmungsgeräten“. Das allein helfe aber nicht weiter, „wenn wir kein Personal haben, um die Patienten zu versorgen.“ Hierin liege „das viel größere Problem“.

Grob geschätzt fehlten bundesweit 3.500 bis 4.000 Fachkräfte für die Intensivpflege. Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, rechnet damit, dass der Personalmangel in den Krankenhäusern bald massiv zutage tritt. „Sechs bis neun Prozent der Infizierten von heute werden in zwei Wochen im Krankenhaus behandelt werden müssen“, prognostizierte Johna.

„Pro schwer krankem Covid-Patienten auf der Intensivstation wird eigentlich eine Pflegekraft benötigt“, sagte sie den Funke-Zeitungen. Es werde daher darauf ankommen, „wie wir das personell schaffen“. Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, bezeichnete den Engpass beim Pflegepersonal als „die zentrale Herausforderung, wenn die Patientenzahlen steigen“.

Die Kliniken müssen dann Personal umbesetzen und sich wie im Frühjahr auf die Versorgung von dringenden Fällen konzentrieren, sagte Gaß. „Wir werden uns auf Wartezeiten bei der Regelversorgung ebenso einstellen müssen, wie auf die Verlegung von Patienten aus hoch belasteten Standorten in entferntere Krankenhäuser“, sagte Gaß. Der DKG-Chef warnte zugleich davor, allein die Lage auf den Intensivstationen zum Kriterium für die Beherrschbarkeit der Pandemie in den Kliniken zu nehmen. „Nicht alle Patienten, die mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus kommen, müssen intensivmedizinisch behandelt werden“, nur jeder Fünfte müsse auf die Intensivstation.

Doch auch auf den Normalstationen bedeuteten Covid-Patienten eine große Herausforderung für das Personal. Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Schmidtke (CDU), appelliert derweil an Patienten mit anderen Krankheiten, sich trotz der Corona-Pandemie nicht von einem Klinikbesuch abhalten zu lassen. Niemand müsse sich „Sorgen machen, in einer Notfallsituation wie bei Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht versorgt zu werden“, sagte sie. Wichtig sei, dass Betroffene „tatsächlich ins Krankenhaus gehen“ und nicht aus Angst vor einer Infektion auf Hilfe verzichteten.

Autor: dts