Athen | Im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist es in der Nacht zum Mittwoch zu mehreren Bränden gekommen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge stand zwischenzeitlich fast das gesamte Lager in Flammen. Offenbar wurde das Feuer durch starke Winde immer wieder angefacht.

Die genauen Hintergründe des Vorfalls waren zunächst unklar. Auch über mögliche Verletzte und Todesopfer wurden vorerst keine Angaben gemacht. Zuletzt war Moria wegen mehrerer Corona-Fälle unter Quarantäne gestellt worden.

Dies hatte zu neuen Unruhen geführt. Die Behörden begannen wegen der Brände mit der Evakuierung des Lagers, welches als Jahren als stark überfüllt gilt. Der jüngste Vorfall löste auch in Deutschland Bestürzung aus.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schrieb am Mittwochmorgen auf Twitter, dass die Lage vor Ort schon vor Corona und dem Brand „menschenunwürdig“ gewesen sei. „Jetzt gibt es kein Zurück und keine Ausreden mehr: Europa muss endlich einen Weg finden, Griechenland zu entlasten und den Menschen Schutz zu bieten.“

Union gegen „isolierte Entscheidung“ zur Migrantenaufnahme aus Moria

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) schließt nach dem Brand im griechischen Flüchtlingscamp Moria eine „isolierte Entscheidung der Bundesregierung zur Aufnahme der Migranten“ aus. „Unabhängig davon, wer das Feuer gelegt hat, brauchen die Migranten sofort schnelle und unbürokratische Hilfe“, sagte Frei der „Welt“ (Donnerstagsausgabe). Sobald die griechische Regierung Deutschland darum bitte, sei das Technisches Hilfswerk rasch einsatzbereit und könne vor Ort neue Unterkünfte errichten.

„Über EU-weite Lösungen wird man möglicherweise sprechen. Schon heute nimmt Deutschland weit mehr Flüchtlinge aus Griechenland auf als die übrigen EU-Staaten.“ CSU-Außenpolitiker Thomas Erndl forderte die Aufnahme einiger Migranten.

„Wir müssen als einmaligen solidarischen Akt – wenn möglich gemeinsam mit anderen europäischen Ländern – eine begrenzte Anzahl Flüchtlinge vom griechischen Festland aufnehmen, um damit Kapazitäten für die Unterbringung der Flüchtlinge von Moria zu schaffen“, sagte Erndl. Die Bilder aus Moria seien furchtbar. „Deutschland und Europa müssen jetzt in dieser Situation konkrete Nothilfe leisten und Griechenland bei der Versorgung der Flüchtlinge entlasten.“

Die Lage auf den griechischen Inseln sei für Europa „kein Ruhmesblatt“. Deshalb müsse man endlich mit der Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems weiterkommen und die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgeschlagene Schnellprüfung in Einrichtungen an den EU-Außengrenzen umsetzen. Konstantin Kuhle, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, nannte den Brand „eine Eskalation, die vorhersehbar war“.

Seit Monaten sei die Einrichtung komplett überfüllt und befinde sich in einem unwürdigen Zustand. „Deutschland hat eine Schlüsselrolle für die Lösung dieser Situation auf den griechischen Inseln, weil es derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat“, sagte Kuhle. Der FDP-Politiker forderte Seehofer und Außenminister Heiko Maas (SPD) auf, kurzfristig eine europäische Migrationskonferenz auszurichten, „um eine politische Einigung für eine neue europäische Asylpolitik zu erreichen“. Dazu gehörten eine Evakuierung weiterer Personen von den griechischen Inseln sowie stärkere diplomatische Bemühungen, um das Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei zu entspannen, aber auch die Themen Grenzschutz und Rückführungen.

Wissing: Bund muss Kommunen Flüchtlingsaufnahme erlauben

Angesichts des Brandes im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos fordert der designierte FDP-Generalsekretär Volker Wissing, dass Kommunen in Deutschland Flüchtlinge aufnehmen dürfen. „Es ist schlichtweg nicht vermittelbar, dass Kommunen, die sich in der Lage sehen, Menschen in Not zu helfen, und diese aufnehmen wollen, dies seitens des Bundes verwehrt wird“, sagte Wissing der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Wissing nannte es „beschämend, wenn die Bundesregierung solche humanitären Gesten verhindert, gleichzeitig aber selbst Lösungen auf nationaler wie internationaler Ebene schuldig bleibt“.

Eine Regierungspartei, die ihre Politik aus dem christlichen Menschenbild ableite, dürfe so nicht handeln, sagte Wissing der NOZ.

Riexinger fordert Aufnahme von Geflüchteten aus Moria

Nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria hat Linken-Chef Bernd Riexinger die Bundesregierung zur Aufnahme der Geflüchteten aufgefordert. „Deutschland muss die Menschen aus dem zerstörten Lager in Moria jetzt schnellstmöglich aufnehmen. Die Not ist akut. Auf eine europäische Lösung zu warten ist weniger denn je eine Option“, sagte der Linken-Chef der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Man habe es mit über 12.000 Menschen in Not zu tun. „In einer Not, die die Regierungen der EU sehenden Auges geschehen ließen.“

Kritik übte der Linken-Chef an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): „Einen Teil der Verantwortung trägt auch ganz persönlich Innenminister Seehofer, der es den Bundesländern und Kommunen in Deutschland verbot, freiwillig Geflüchtete aus Moria aufzunehmen. Es ist überfällig, dass Deutschland Verantwortung übernimmt“, sagte Riexinger. Die Verantwortlichen für das Drama auf den griechischen Inseln „sitzen nicht auf Moria“.

Die wahren Verantwortlichen säßen in den Hauptstädten einer EU, „die dem Elend in Moria über Jahre tatenlos zugesehen hat“, kritisierte der Vorsitzende der Linkspartei. Die EU habe zugesehen, als die Menschen dort auf engstem Raum zusammengepfercht worden seien, und sich geweigert, das Lager zu evakuieren, als mit Corona eine neue Gefahr für die Massenunterkunft aufgetaucht sei. „Die EU hat auch keine Konsequenzen gezogen, als Corona das Lager bereits erreicht hatte“, so Riexinger.

Seehofer bietet Griechenland nach Moria-Brand Hilfe an

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat Griechenland nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria Hilfe angeboten. Das teilte Seehofers Sprecher Steve Alter am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. „Wir befinden uns seit gestern in intensiven Gesprächen mit der griechischen Regierung“, schrieb er.

Man habe Griechenland in der Vergangenheit geholfen und werde selbstverständlich auch jetzt helfen. Der Minister habe dies bereits angeboten, so Alter. Wie genau diese Hilfe aussehen soll, blieb zunächst unklar.

Autor: dts