Berlin | Das britische Parlament hat beschlossen eine Verlängerung der Frist für den Austritt aus der Europäischen Union zu beantragen. Die Briten wollen demnach das Austrittsdatum auf den 30. Juni verlegen. Die deutsche Politik von Merkel über Röttgen bis Lambsdorf äußert sich uneinheitlich.

Merkel schließt Brexit-Aufschub nicht aus

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt eine Verschiebung des Brexit-Termins nicht aus. Über die Bitte der Briten um eine Verschiebung des Austrittsdatums auf den 30. Juni 2019 werde beim anstehenden EU-Gipfel intensiv diskutiert werden, sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag in ihrer Regierungserklärung zum anstehenden Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs. „Diesem Wunsch können wir im Grundsatz entsprechen, wenn wir in der nächsten Woche ein positives Votum zu den Austrittsdokumenten im britischen Parlament bekommen würden.“

Allerdings sei das konkrete Datum problematisch, da Ende Mai die Europawahlen stattfinden. Falls es aber kein positives Votum des britischen Unterhauses geben werde, sei unklar, ob es vor dem Austrittsdatum zu einem weiteren Treffen des Europäischen Rates kommen werde, fügte Merkel hinzu. Sie äußerte ihr Bedauern, dass es auch acht Tage vor dem Ausscheiden Großbritanniens keine klare Antwort darauf gebe, wie der Brexit genau vonstatten gehen solle.

„Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir eine geordnete Lösung des Austritts Großbritanniens brauchen“, sagte die Bundeskanzlerin. Das sei nicht nur im Interesse der Briten sondern auch im Interesse Deutschlands und der restlichen EU. Merkel bekräftigte, dass man nach dem Brexit „enge und gute Beziehungen“ mit Großbritannien anstrebe. „Das gilt für die Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik, wo wir die gute Zusammenarbeit in der NATO und den Vereinten Nationen auch künftig intensiv fortsetzen werden.“

Der zweitägige EU-Gipfel beginnt am Donnerstagnachmittag in Brüssel. Zunächst soll es im Format der EU-27 um den Brexit gehen. Am Donnerstagabend wollen die Staats- und Regierungschefs dann unter anderem über das Thema Auswärtige Beziehungen beraten.

Röttgen: EU darf nicht zur „Komplizin“ von May werden

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), hat die EU davor gewarnt, bei der Brexit-Verschiebung zum Spielball der britischen Premierministerin Theresa May zu werden. „Die EU darf keinesfalls eine Komplizin der internen macht-taktischen Kalkulationen der britischen Premierministerin werden. Das geht auf keinen Fall“, sagte Röttgen am Donnerstag im RBB-Inforadio.

Großbritannien müsse der EU mitteilen, „wozu und wie lange das Land diese Fristverlängerung möchte“. Wenn Großbritannien zum Beispiel sagen würde, dass man Zeit für ein zweites Referendum brauche, „dann – glaube ich – würde die EU das gewähren“, so Röttgen. Wenn die Premierministerin allerdings nur stur an ihrem Plan festhalten wolle, reiche das eben nicht.

Röttgen warnte sowohl vor einem kurzen Brexit-Aufschub als auch vor einem harten Brexit. Besser sei es, die Brexit-Frist bis Ende des Jahres zu verlängern. Allerdings müssten die Briten dann an der Europawahl im Mai teilnehmen.

Lambsdorff lehnt „Blankoscheck“ für Großbritannien ab

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff hat vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens vor zu großen Zugeständnissen für die Briten gewarnt. „Aus Sicht der FDP ist eines klar, einen Blankoscheck für die Briten, eine Verlängerung ohne eine klare Ansage, was wirklich passieren wird, die darf es nicht geben“, sagte Lambsdorff am Donnerstag dem Fernsehsender „Welt“. Man wisse nicht, was nächste Woche passieren werde, fügte der FDP-Politiker hinzu.

McAllister erhöht beim Brexit Druck auf britisches Parlament

Der Leiter des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im Europaparlament, David McAllister (CDU), hat beim Brexit den Druck auf das britische Parlament erhöht. „Jeder einzelne britische Abgeordnete muss jetzt endlich seiner Verantwortung gerecht werden“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag dem Fernsehsender „Welt“. Die Abgeordneten im britischen Unterhaus hätten insgesamt drei Optionen.

„Entweder sie verlassen die Europäische Union auf der Basis des Austrittsabkommens oder sie krachen ohne Austrittsabkommen aus der Europäischen Union heraus, was keiner ernsthaft will.“ Das Dritte sei, dass man eben in der Europäischen Union für einen längeren Zeitraum oder vielleicht sogar für immer bleibe, so McAllister weiter.

Autor: dts