Berlin | aktualisiert | Die Sondierung von CDU, CSU, FDP und Grünen geht am Sonntag erneut in die letzte Runde. Sie soll am Sonntagabend enden. Ob dieses Ziel erreicht wird, ist jedoch fraglich: CSU-Chef Seehofer äußerte Zweifel.

Der FDP-Vorsitzende Linder hatte am Samstag betont, dass die Verhandlungen um 18 Uhr vorbei seien. „Irgendwann ist mal gut“, sagte Linder. Die Grünen hatten noch am Samstagabend ein Kompromisspapier zur Flüchtlingspolitik vorgelegt.

Demnach sei die Zahl von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr als „atmender Rahmen“ akzeptabel, wenn der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus nicht grundsätzlich ausgeschlossen werde – so wie bislang von der CSU gefordert. „Für uns bleibt klar: Das Grundrecht auf Asyl gilt. Es gibt keine Obergrenze“, hieß es in einer Stellungnahme der Grünen.

Von der CSU gab es darauf am Samstagabend keine öffentliche Reaktion mehr. Die FDP will bei den Gesprächen auch ein „letztes Angebot“ machen.

Kubicki: Keine Entscheidung ohne Trittin

FDP-Vize Wolfgang Kubicki glaubt nicht an eine Entscheidung über eine mögliche Jamaika-Koalition bis Sonntagabend 18 Uhr ohne den Bundestagsabgeordneten Jürgen Trittin (Grüne) am Verhandlungstisch. „Ich werde gleich vorschlagen, dass wir Jürgen Trittin dazu holen, der ja offensichtlich der Entscheider ist bei den Grünen“, sagte Kubicki am Sonntagmittag. „Es macht keinen Sinn, das wir vier Wochen noch weiter verhandeln, dann sollten wir lieber Jürgen Trittin hier her holen.“

Er glaube, dass die Unterhändler dann in ein oder zwei Tagen fertig wären. Der FDP-Vize äußerte sich auch zum Kompromisspapier der Grünen: Das sei kein Angebot, sondern nur eine öffentliche Erklärung, so Kubicki. „Wir werden darüber reden.“

Die Grünen hatten noch am Samstagabend ein Papier zur Flüchtlingspolitik vorgelegt. Demnach sei die Zahl von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr als „atmender Rahmen“ akzeptabel, wenn der Familiennachzug für Personen mit eingeschränktem Schutzstatus nicht grundsätzlich ausgeschlossen werde – so wie bislang von der CSU gefordert.

Trittin: Waffenexport-Beschränkungen als Bedingung für „Jamaika“

Grünen-Politiker Jürgen Trittin hat die Verschärfung der Waffenexporte an Saudi-Arabien als Bedingung für das Gelingen der Jamaika-Koalition gestellt. Es dürfen nicht länger Waffen an Kriegsbeteiligte im Jemen geliefert werden, sagte Trittin der „Bild am Sonntag“. „Dort wütet ein mörderischer Krieg gegen die Zivilbevölkerung.“

In dieser Lage dürfe man Saudi-Arabien doch keine Waffen liefern, so der Grünen-Politiker. Auch beim Klima legte Trittin nach: „Wir müssen insgesamt 90 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Mit 7 Gigawatt weniger Kohlestrom, wie von Frau Merkel angeboten, lassen sich etwa 40 Millionen Tonnen erreichen. Bleiben 50 Millionen Tonnen CO2, die noch eingespart werden müssen.“ Die Grünen würden kein Regierungsbündnis eingehen, bei dem die erste Koalitionskrise im März stattfinde, die zweite im April und die Koalition spätestens in einem Jahr am Ende sei und dann neu gewählt werden müsse, so Trittin. „Das würde einen massiven Schaden verursachen und Europa dauerhaft lähmen. Wir Grüne gehen nur in Koalitionen, wenn wir die begründete Aussicht haben, dass wir vier Jahre stabil regieren können.“ Bei den Jamaika-Sondierungen sieht Trittin beim Streitpunkt Migration die Kompromissgrenze seiner Partei erreicht. „Wir haben uns an vielen Stellen bewegt, sind bis an die Schmerzgrenze gegangen. Das betrifft Verfahren, aber auch Fristen und die Nennung von Zahlen“, sagte Trittin der „Bild am Sonntag“.

Zum Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge sagte Trittin: „Wir werden nicht akzeptieren, dass Menschen, denen bereits ein niedrigerer Schutzstatus per Gesetz zugewiesen wurde, auch noch vom Familiennachzug ausgeschlossen werden. Das ist unmenschlich.“ Trittin sagte, der Familiennachzug sei ein sehr geordnetes Verfahren, welches gut steuerbar sei. Dass sich die Verhandlungen beim Thema Migration so verhärtet haben, liegt nach Trittins Worten vor allem an der FDP: „Wenn ich Herrn Lindner beim Wort nehme, hat die FDP erklärt, dass sie auf der weiteren Aussetzung des Familiennachzugs besteht. Damit hat sie den Schulterschluss mit der CSU gesucht und so jede Bewegung für die Union schwer gemacht.“ Selbst wenn es beim Streitpunkt Flucht eine Einigung mit Union und FDP geben sollte, sieht Trittin noch weitere hohe Hürden für Jamaika. Die Differenzen seien fast größer geworden. Das gelte für die Europapolitik, wo der pro-europäische Kurs der Grünen auf einen immer europaskeptischeren Kurs der FDP treffe, bei Verkehr und Waffenexporten. „Union und FDP erwarten manchmal, dass wir das Gegenteil dessen tun, was wir im Wahlkampf versprochen haben. Das ist nicht realistisch.“

Autor: dts
Foto: Gelingt es den Sondierern heute den Gordischen Knoten zu lösen?