Berlin | aktualisiert | Die sogenannte „Werte-Union“ will eine „vollständige Abriegelung der Mittelmeerroute nach australischem Vorbild“. Dies sei „die einzige praktisch umsetzbare und zielführende Möglichkeit“, um zu verhindern, dass weiterhin Einwanderer im Mittelmeer ertrinken. „Die deutsche Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, schnellstmöglich und gemeinsam mit europäischen Partnern wie Österreich und Italien geeignete Maßnahmen hierfür zu finden und durch Eindämmung der illegalen Migration auch dem grausamen Sterben im Mittelmeer ein Ende zu bereiten“, hieß es in einer Mitteilung der „Werte-Union“ am Freitag.

Der Verein bezeichnet sich selbst als „konservativen Flügel“ von CDU und CSU und hat nach eigenen Angaben mehrere tausend Mitglieder. In den letzten Monaten hatte er unter anderem mit der Forderung nach einem Rücktritt von Angela Merkel für Aufsehen gesorgt. CDU-Vorstand und Präsidium hatten 2018 beschlossen, die „Werte-Union“ nicht als Gruppe oder Gliederung der Partei anzuerkennen.

Trittin zu Libyen: „Bloße Abschottung funktioniert nicht“

Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin sieht „keine einfache Antwort“ bei der Frage, wie die EU mit in Libyen festsitzenden Migranten umgehen soll. „Es braucht einen funktionierenden Mix von Maßnahmen. Das wird für die Menschen in den Lagern manchmal ein Asylanspruch sein, andere werden zurückgeführt werden müssen“, sagte Trittin der „Welt“.

„Vor allem aber muss man den Krieg in Libyen beenden, um diese menschenverachtenden Lager zu schließen.“ Für den Grünen-Bundestagsabgeordneten steht fest: „Bloße Abschottung funktioniert nicht, das ist naiver Kinderglaube. Mit Flucht und Migration können wir nur so umgehen, dass wir auf der einen Seite eine vernünftige Form der Grenzsicherung betreiben und auf der anderen Seite legale Wege der Migration haben, von mir aus auch temporär für Arbeitsmigration auf Zeit.“

Der frühere Parteichef sagte weiter: „Italien fordert zu Recht die Anwendung des Schlüssels zur Verteilung der Flüchtlinge. Dazu gibt es einen Mehrheitsbeschluss, und den müssen wir durchsetzen.“ Um dies gegenüber aufnahmeunwilligen EU-Staaten durchzusetzen, solle die laufende Planung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens genutzt werden: „Solche Fragen muss man miteinander verknüpfen.“

Er sieht nicht die Gefahr, dass ein solches finanzieller Druckmittel beispielsweise die Visegrád-Staaten aus der EU treiben würde. „Auf die Wette würde ich es ankommen lassen“, sagte Trittin. „Ungarn etwa ist in seiner gesamten Ökonomie komplett vom europäischen Binnenmarkt abhängig. Wäre Ungarn nicht mehr Bestandteil des Binnenmarktes, würden dort weder VW noch BMW weiter produzieren.“ Mit Blick auf die Bundespolitik sagte Trittin, seine Partei könne ihr Programm „mit Parteien links der Mitte wohl leichter umsetzen als mit der Union“, auch wenn es nicht einfach wäre. „Bei den Inhalten sind sich die drei Parteien ohne Zweifel näher“, stellte der ehemalige Umweltminister mit Blick auf seine eigene Partei, SPD und Linkspartei fest. Er gab aber zu bedenken, dass es nicht „übermäßig wahrscheinlich“ sei, dass die drei Parteien bei einer Bundestagswahl „arithmetisch auch nur in die Nähe einer Mehrheit der linken Mitte kommen würden“. Trittin fügte hinzu: „Aber wenn eine solche Mehrheit nicht vorhanden ist, scheuen wir nicht davor zurück, mit anderen auszuloten, wie viele grüne Inhalte wir umsetzen können. Niemand von uns hat sich 2017 Jamaika gewünscht. Aber wir waren dazu bereit, und nicht wir haben die Gespräche abgebrochen.“

Autor: dts