Köln | Im Nachgang zur so genannten „Stadtwerke-Affäre“ hat die Bürgerinitiative „Köln kann auch anders“ einen Einwohnerantrag nach § 25 der Gemeindeordnung NRW beantragt. 8000 Unterschriften sind notwendig, damit sich der Stadtrat mit den vier Forderungen der Bürgerinitiative beschäfftigen muss, rund 200 Kölnerinnen und Kölner haben bereits unterzeichnet.

Im Kern geht es den Initiatoren des Einwohnerantrags darum, die Stadtwerke-Affäre nicht einfach von der Tagesordnung zu nehmen, sondern das „rechtswidrige Verhalten“ ausdrücklich festzustellen und daraus personelle Konsequenzen zu ziehen. Darüber hinaus forderten die Antragsteller eine „vom Rat gesteuerte Beteiligungsstrategie“, die sich auch über den Stadtwerke-Konzern hinaus, etwa auf die stadtnahe Immobiliengesellschaft GAG Immobilien AG bezieht. „Wir wollen das diskutieren. Es scheint, der Stadtwerke-Konzern scheint in Köln vor allem zwei Ziele zu verfolgen. Zum einen dient er zur Finanzierung des Haushalts, zum anderen zur Versorgung mit lukrativen Posten. Der eigentliche Zweck – die kommunale Daseinsvorsorge bleibt auf der Strecke“, betonte Frank Deja, Sprecher der Bürgerinitiative.

„Die Art und Weise, wie die Parteien und ihre führenden Vertreter mit der Affäre umgehen, ist für mich der Skandal nach dem Skandal“, erläuterte Dr. Burkhart Krems, Verwaltungsexperte und Initiator des Antrags. Demnach legt der Paragraf 113 der GO NRW fest, dass unter anderem die Vertreter der Gemeinde (Stadt- oder Gemeinderäte) „den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten“ habe. Im vorliegenden Falle wollte der „ständige Ausschuss im Aufsichtsrat“ nicht nur das Kontrollgremium offenbar bis zuletzt über den Beschluss im Unklaren lassen. Entgegen der Gemeindeordnung sollte der Stadtrat selbst gar nicht erst informiert werden. Auch der Aufsichtsrat soll keine Einladung mit entsprechender Frist erhalten haben, was auch das Verfahren selbst skandalös erscheinen lässt, führte Krems weiter aus.

So habe man nach internen und durchaus kontroversen Diskussion die Entscheidung getroffen, mit einem Einwohnerantrag das Thema auf die Agenda der Kölner Stadtpolitik zu setzen, ergänzte Deja. Dabei gab es auch Gegenargumente, das man angesichts des nicht eingetretenen Schadens „nicht mit Kanonen auf Spitzen schießen sollte“. Weil es aber in der Gemeindeordnung eben so explizit geregelt ist, habe man sich eben für den Antrag entschlossen.

Politische Konsequenzen notwendig

Der vorliegende Einwohnerantrag, der nach derzeitigem Zeitplan erst nach der Sommerpause die notwendigen 8000 Unterschriften erreichen soll, stellt die wichtigen „W“-Fragen. Zunächst soll der Stadtrat feststellen, dass der „Deal“ um die Einrichtung und Neubesetzung des hauptamtlichen Geschäftsführer-Postens „eine grobe Verletzung geltenden Rechts“ darstelle. Die zweite Forderung stellt die Frage nach den Handelnden, die sich konkret rechtswidrig verhalten haben. Adressatin dieses Wunsches ist die designierte Vorsitzende des Kontrollgremiums, also die Oberbürgermeisterin höchstselbst.

In Punkt 3 und 4 ihres Antrags sollen zunächst die drei Fraktionsvertreter von CDU, SPD und Grünen, Bernd Petelkau, Martin Börschel und Jörg Frank, von allen ihren Aufsichtsratsmandaten zurücktreten. Auch andere am Verfahren beteiligte sollten sich aus der vom Stadtrat ausgeübten Kontrollfunktion in Aufsichtsräten von weiteren Beteiligungsgesellschaften zurückziehen, so der Beschlusstext.

„Wir wollen politische, keine strafrechtlichen Konsequenzen“, betonte Deja die Stoßrichtung des Antrags. Gerade, weil die Kölner Oberbürgermeisterin die Notbremse gezogen habe, sei ja eben kein Schaden eingetreten. „Nicht alles, was rechtswidrig ist, ist auch strafbar, so auch der Versuch der Untreue“, beurteilt Krems. Der Vorfall rund um die Einrichtung einer neuen hauptamtlichen Geschäftsführer-Stelle hat noch einen anderen, durchaus bitteren Beigeschmack. So gebe es nicht wenige, die nach der öffentlichen Berichterstattung zu diesem Thema wieder in den Modus „Politiker-Bashing“ verfallen sind. Das sei auch nicht die Stoßrichtung der Bürgerinitiative, betonte Deja.

Stadtwerke-Konzern: Daseinsvorsorge oder Versorgungsdasein?

Genau hier wollen die Initiatoren ihre Debatte verortet wissen. Ausgehend von der Grundkritik, dass ein Beteiligungsmanagement im eigentlichen Sinne des Wortes und im Sinne der Gemeindeordnung nicht stattfindet, soll die Diskussion fortgeführt, wie der Stadtwerke-Konzern in Zukunft gesteuert werden soll. Diese eigentlich entscheidende Frage, die auch und gerade die Zukunft der Stadtgesellschaft betrifft, drohe aber hinter den „Nebelkerzen“ einer Debatte um Corporate Governance-Regeln zu verschwinden. „Was nutzen neue Corporate-Governance-Regeln, wenn man sich schon an die alten nicht gehalten hat?“, so die Initiatoren.

Einen Leitfaden für eine Lösung haben die Initiatoren nicht. Auf Nachfrage der Redaktion, wo es denn besser als in Köln laufe, konnten die Antragsteller keine Antwort geben. Aber genau das sei ja auch der Sinn, das Thema Beteiligungsmanagement auf der Agenda und damit im öffentlichen Bewusstsein zu halten. Eine Sache aber sei für die Initiatoren klar. „Die Steuerung des Stadtwerke-Konzerns gehört ins Rathaus.“

Autor: bfl
Foto: v.l.n.r.: Dr. Burkhard Krems, Frank Deja und Paul Moll von „Köln kann auch anders“ stellten heute ihren Einwohnerantrag vor.