Köln/Düsseldorf | 1,2 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen sind über 80 Jahre alt. Davon dürften in der ersten Impfkampagne in den Alten- und Pflegeheimen rund 200.000 geimpft worden sein. Eine Million über 80-Jährige können jetzt in den 53 Impfzentren geimpft werden sofern genug Impfstoff zur Verfügung steht. Pro Woche aktuell 70.000. Gestern vereinbarten 275.000 Menschen einen Ersttermin. Die Anlaufschwierigkeiten nahm NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bewusst in Kauf, weil es keine Alternative gegeben hätte, die rechtssicher und gerecht gewesen wäre.

Es war ein Rennen um die begehrten Impftermine das gestern begann und das viele Menschen in die Verzweiflung trieb. Überlastete Server, Fehlermeldungen oder keine Impftermine mehr, weil diese aus dem ersten drei Wochen Block bereits vergeben waren. Entsprechend laut waren die schrillen Töne, die von Impfchaos sprachen. Am NRW-Gesundheitsminister prallt dies ab, der aber Verständnis für die zeigte, die sauer waren oder frustriert. Aber Laumann sieht und sah keine Alternative. Denn eine weitere Unterpriorisierung wäre immer zu Lasten der Gerechtigkeit gegangen, so der Minister. Er sieht den Impfstart als durchdacht an, weil aufgrund der Fülle an Impflingen etwa in NRW besondere Telefonnummern geschaltet wurden. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein spricht von einem „enormen Telefonaufkommen“. Im Callcenter für ganz NRW haben 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Anrufe entgegengenommen. Die Wartezeiten hätten in der Regel 6-7 Minuten gedauert.

80 Prozent der Terminanfragen seien online erfolgt und 15 Prozent am Telefon. Alleine gestern verzeichneten die Kassenärztlichen Vereinigungen in NRW 40 Millionen Zugriffe auf ihre Server. Durch diese Überlastung der Systeme, die eine Reihe von digitalen Vorgängen bearbeiten müssen, wie etwa individualisierte Unterlagen für den Impfling zur Vorlage im Impfzentren, sei es zeitweilig zu Überlastungsanzeigen gekommen. Auch Computersysteme, so Dr. Bergmann von der KV Nordrhein, könnten nicht beliebig viele Anfragen gleichzeitig abarbeiten. Zudem seien Impftermine immer blockweise im drei Wochen Rhythmus freigeschaltet worden. Dadurch sei es heute Mittag kurzfristig bis der nächste Block freigeschaltet war, zu Wartezeiten gekommen.

Es gibt ein Impfangebot für Alle

Minister Laumann stellt fest, dass alle über 80-Jährigen in NRW, die sich impfen lassen wollen, ein Impfangebot bekommen und sowohl ihre Erst- wie Zweitimpfung sichergestellt sei. Auch dann wenn nur der Termin für die Erstimpfung vergeben wurde. Denn in NRW gelte, dass für jeden Ersttermin die Dosis für den Zweittermin eingelagert werde und damit immer zur Verfügung stehe. Daher kommt der Minister auf 70.000 Termine pro Woche. Denn Nordrhein-Westfalen erhält pro Woche 160.000 Impfdosen zugeteilt. 20.000 Dosen werden für medizinisches und in der Pflege tätiges Personal gebraucht. Damit stehen 140.000 Impfdosen für die über 80-Jährigen zur Verfügung. Da diese aufgeteilt werden müssen, ergibt sich die Zahl von 70.000. Und so erklärt sich auch die Errechnung des Zeitraumes in der die über 80-Jährigen geimpft werden. Sollten sich eine Million Menschen impfen lassen, dann dauere das 14 Wochen und damit bis Ende April. Derzeit stehe nur der Biontech/Pfizer-Impfstoff in ausreichender Zahl zur Verfügung.

Offen wie es weitergeht

Nicht müde wird Laumann – fast schon gebetsmühlenartig – festzustellen, dass die Menge des Impfstoffes das Impftempo und die Art und Weise der Impfung bestimmt. Aktuell müsse wegen des Angebots der Impfstoff in den Impfzentren aufgrund der besonderen Transport- und Lagerbedingungen verimpft werden. Daher sei es auch nicht möglich mobile Impfteams zu den Menschen nach Hause zu schicken. Sollten andere Impfstoffe zur Verfügung stehen, die auch über das Hausarzt-System verimpft werden können, werde das Verfahren angepasst. An den Spekulationen um den AstraZeneca-Impfstoff wollte sich Laumann nicht beteiligen und verwies auf die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und wie diese den „Beipackzettel“ für diesen Impfstoff gestalten werde. Dies sei abzuwarten.

Die Infektionszahlen für NRW

Aktuell sind 48.500 Menschen in NRW mit dem Coronavirus infiziert. Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 102. 4.429 Menschen sind derzeit in stationärer Behandlung, davon 830 auf Intensivstationen und von diesen werden 662 beatmet. Derzeit gebe es in NRW 977 freie Intensivbetten und 645 freie Beatmungsplätze. In NRW habe keine Kommune mehr eine 7-Tage-Inzidenz über 200, nur 3 über 150 und 27 über 100. Der Lockdown drücke die Inzidenz nach unten resümierte Laumann. Die Unikliniken Düsseldorf und Münster haben einen Forschungsauftrag erhalten bei der sie speziell in den positiven Corona-Tests auf die Mutanten sequenzieren, so der Minister. Besonders Interesse gelte hier den Grenzregionen in NRW.

347.177 Menschen erhielten ihre erste Impfung in NRW und bereits 99.944 ihre Zweitimpfung. Nur 40.000 Dosen wurden nicht in den Altenheimen verimpft. Damit habe NRW den gesamten Impfstoff der zur Verfügung stand ausschließlich in Alten- und Pflegeheimen verimpft. Laumann stellt fest, dass es richtig und zwingend war zunächst diese Gruppe zu impfen und er spricht von einem gelungenen Impfstart in NRW. In NRW seien 1,9 Prozent der Bevölkerung jetzt geimpft und damit läge das Bundesland im Bundesdurchschnitt.

Wann die Impfungen in der Gruppe 2, also der über 70-Jährigen beginne, konnte der Minister nicht sagen.

Autor: red