Düsseldorf | Die Beschäftigten in den Betrieben der Fleischindustrie in Nordrhein-Westfalen müssen künftig mindestens zwei Mal pro Woche auf das Coronavirus getestet werden. Das schreibt eine neue Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vor, die die NRW-Landesregierung am Samstagnachmittag veröffentlichte. Die neuen Vorgaben gelten ab dem 1. Juli für Schlachthöfe, Zerlegebetriebe und vorrangig fleischverarbeitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten – unabhängig davon ob es sich um eigene Beschäftigte oder Werkvertragsnehmer handelt, teilte die Landesregierung mit.

Die Betriebe werden zudem verpflichtet, die Namen und Wohn- bzw. Aufenthaltsadressen sämtlicher auf dem Betriebsgelände anwesender Personen zu erheben und für vier Wochen aufzubewahren, um sie gegebenenfalls den Behörden verfügbar machen zu können. „Die Vorfälle in Coesfeld und Gütersloh zeigen: Offenbar kann sich das Virus unter den Bedingungen eines Schlachthofs bzw. eines fleischverarbeitenden Betriebes besonders gut verbreiten“, sagte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Darum wolle man den Infektionsschutz noch einmal deutlich stärken.

„Das frühzeitige Erkennen von Infektionen ist ein zentraler Schlüssel dazu.“ Für die Kontaktpersonennachverfolgung sei es zudem zwingend notwendig, die aktuellen Kontaktdaten der Menschen zu haben, die sich auf dem Betriebsgelände aufgehalten haben. „Es kann nicht sein, dass bei einem Ausbruchsgeschehen die Behörden vor Ort tagelang diesen Daten hinterherlaufen müssen.“

Bulgarischer Politologe: Job in Fleischindustrie ist „Aufstieg“

Der bulgarische Buchautor und Politologe Ivan Krastev hat sich verwundert über die deutsche Debatte zu den Zuständen in der Fleischindustrie gezeigt – er sieht in der Beschäftigung von Billiglöhnern aus Osteuropa kein Indiz für eine Ausbeutung. „Wenn Sie an die niedrigen Löhne bei uns denken, verstehen Sie, dass ein Arbeitsplatz in Westeuropa für unsere Arbeiter einen sozialen Aufstieg bedeutet“, sagte Krastev dem „Tagesspiegel am Sonntag“. In bulgarischen Medien habe er keinen Ärger über die Vorkommnisse in der deutschen Fleischindustrie wahrgenommen.

„Europa hat in der Krise gelernt, wie sehr manche Wirtschaftszweige in Westeuropa und Deutschland abhängig sind von Arbeitern aus Ost- oder Südosteuropa.“

Autor: dts