Das Jobcenter Köln hat im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert. Doch die Kernaufgabe der Behörde, die von der Agentur für Arbeit und der Stadt Köln getragen wird, bleibt eine große Herausforderung.

Köln | 20.553 Integrationen zählte das Kölner Jobcenter im vergangenen Jahr, so viel wie nie zuvor in den Jahren seiner Existenz, also seit dem Jahr 2005. Zwar profitiere man derzeit auch von dem robusten Kölner Arbeitsmarkt. Dennoch zeigten sich bei der heutigen Vorstellung der Jahresbilanz die Verantwortlichen des Kölner Jobcenters hochzufrieden. Der Geschäftsführer des Jobcenters, Olaf Wagner, und die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Köln, Roswitha Stock, gaben im Rahmen der heutigen Pressekonferenz noch weitere Zahlen und Fakten bekannt.

„Insgesamt ist der Kölner Arbeitsmarkt gut aufgestellt, doch die Qualifikationsschere geht immer weiter auseinander“, betonte Roswitha Stock, die zugleich auch Vorsitzende der Trägerversammlung des Jobcenters ist. So erhöhte sich 2017 die Summe an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwar weiter auf fast 560.000. Allerdings liegt der Anteil so genannter „Helferjobs“ lediglich bei knapp zehn, der Anteil solcher Job an den offenen Stellen bei immerhin noch elf Prozent. Rund 70 Prozent der Jobcenter-„Kunden“ sind jedoch ohne Berufsausbildung, berichtete Stock weiter. Hier sei ein hohes Maß an individueller Beratung gefragt und gefordert.

„Das Ergebnis ist hocherfreulich, aber nicht selbstverständlich. Die häufig gehörten Debatten, die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in Arbeit sei nur eine Frage des richtigen „matchings“, ist töricht und naiv“, ergänzte Jobcenter-Geschäftsführer Wagner. Viele der Kunden haben langjährige Erfahrungen in Zurückweisungen und damit eine „Leidens- und Verlustgeschichte“, die sich nicht einfach mit einem Fortbildungskurs aus der Welt schaffen lässt. Zwar liegt die berufliche Qualifikation weiterhin im Fokus, dennoch sind ein ganzes Bündel individueller Beratungsleistungen sowie viele Projekte notwendig.

Ausgaben für Lebensunterhalt und Wohnung liegen unter der Prognose

Die Kölner Jobcenter sind inzwischen sieben Mal in Köln vertreten. So will man näher an den „Kunden“ sein.

Als nutzstiftend bezeichnete Wagner die dezentrale Struktur der Jobcenter. Mit sieben Außenstellen sei man nah bei den Menschen, die Transferleistungen beziehen. Und die flossen auch 2017 – trotz der hohen Zahl an Integrationen – reichlich. So summierten sich die Leistungen zum Lebensunterhalt 2017 auf 315,9 Millionen Euro. Die von den Jobcentern zu tragenden Kosten der Unterkunft kamen sogar auf einen Wert von 339,6 Millionen Euro. In beiden Fällen lagen diese Ausgaben leicht unter den prognostizierten bzw. in der Zielvereinbarung genannten Werte.

Für so genannte Eingliederungstitel standen dem Kölner Jobcenter 2017 Mittel in Höhe von rund 57 Millionen Euro zur Verfügung. Rund 34.000 SGB II-Empfänger haben davon profitiert. Mehr als die Hälfte dieser Mittel gingen in „integrationsorientierte Instrumente“ (rund 54 Prozent oder 30,78 Millionen Euro). Weitere 11,1 Millionen Euro flossen in die Qualifizierungsmaßnahmen, ein Anteil von rund 19,5 Prozent. Damit schaffte das Jobcenter eine Integrationsquote von 24,4 Prozent. Mit 22.116 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sank die Zahl der so genannten „Aufstocker“ gegenüber dem Vorjahr leicht um 1,1 Prozent. Als Aufstocker bezeichnet das Jobcenter Menschen, die aufgrund zu geringen Einkommens zusätzliche Leistungsansprüche nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) haben.

Flankierende Maßnahmen und viele kleine Projekte

Eine wichtige Rolle bei der Wiedereingliederung langjährig Arbeitsloser spielen flankierende Maßnahmen. Hier konnte das Jobcenter im vergangenen Jahr die Summe der Kommunalen Eingliederungsleistungen um deutlich mehr als zehn Prozent erhöhen, von rund 4,7 auf nun 5,29 Millionen Euro. Diese Mittel werden etwa für Kinderbetreuung, Schuldnerberatung sowie psychosoziale und Suchtberatung verwendet. 2017 nahmen rund 11.000 SGB II-Empfänger diese Leistungen in Anspruch.

In Köln werden diese eigentlich per Gesetz kommunalen Leistungen auch von den Jobcentern durchgeführt. Dafür zahlt die Stadt Köln Geld. Den Anstieg erklärt Jobcenter-Geschäftsführer Wagner mit erfolgreichen Verhandlungen mit der Stadt Köln, die diesen Erhöhungen zugestimmt hatten. Die Verhandlungen darüber hatten sich jedoch über Jahre hingezogen und selbst mit dieser Erhöhung seien sie nicht auskömmlich, wie Jobcenter-Geschäftsführer Wagner nachlegte. Immerhin soll diese Summe im kommenden Jahr konstant bleiben.

Bei der individuellen Betreuung setzt das Jobcenter auch verstärkt auf die Einbindung externer Partner und mittels vieler, eher kleiner Projekte. Ein Beispiel ist die Finanzierung von sechs Streetworker-Stellen, die unter anderem in der Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt Köln (AWO) liegen. Zehn Streetworker hat die AWO insgesamt, acht weitere sind direkt bei der Stadt Köln eingestellt, eine deutliche Erhöhung gegenüber den Vorjahren. Im vergangenen Jahr kamen so rund 3500 (freiwillige) Ansprachen zustande, die in immerhin mehr als 200 konkreten Gesprächen und Problemanalysen mündeten, wie Christoph Kolb von der AWO berichtete. „Niedrigschwellig und in kleinen Schritten“ gehe man vor, schließlich sei die Zielgruppe der Ansprache Personen mit so genannten „Multi-Problem-Lagen“.

Ein weiteres Projekt ist die Unterstützung des Jugendzentrums Lucky House im Sozialraum Köln-Bilderstöckchen. Hier begann das Jobcenter im vergangenen Jahr ganz konkrete Projekthilfe, die nun erste Erfolge nach sich zog, wie Betreuerin Kamilla V. berichtete. Das Lucky House ist eine offene Enrichtung, die nicht nur die Kinder und Jugendlichen sondern auch deren Eltern ansprechen soll. Neben der leistungsrechtlichen Beratung gehe es hier – wie auch in der Streetworker-Sozialarbeit – vor allem um Vertrauensaufbau. Im Falle Kamillas kam das Vertrauen auf eher sportliche Art daher. Sie gewann in einem Tischtennisspiel gegen einen Jugendlichen aus dem Viertel. Das sprach sich herum, man kam ins Gespräch, beschrieb die Betreuerin den Einstieg. Der Erfolg gab ihr im wahrsten Sinne des Wortes recht: Die Zahl der Beratungsgespräche stieg seither kontinuierlich an.

Foto: v.l.n.r.: Olaf Wagner, Kamilla V., Roswitha Stock und Christoph Kolb zogen gemeinsam Bilanz unter das Jahr 2017 beim Kölner Jobcenter.