Jürgen Amann, der neue Chef von Köln-Tourismus spricht im Interview über die Folgen der Krise für die Stadt und die Reisebranche.

Wie erleben Sie gerade Ihre neue Wahlheimat Köln?

Jürgen Amann: Ich bin gut in Köln angekommen und habe am 1. Februar meine Wohnung in Lövenich bezogen. Ich konnte das erste Mal Karneval feiern und dann kam Corona. Damit einher ging der Einbruch im Tourismus, und das kurz nachdem wir für 2019 noch Rekordzahlen verkünden konnten. Das ist für mich eine ganz neue Situation, der ich mich jetzt stellen werde.

Welche Folgen hat die Krise für den Tourismus in Köln?

Amann: Die Krise ist ein tiefer Einschnitt, der alles zum Erliegen gebracht hat. Zunächst wurden Messen und andere Veranstaltungen abgesagt, dann kam die Schließung der Hotels. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir langfristig auf den Wachstumspfad zurückkehren werden. Die Attraktivität Köln ist ungebrochen, der Dom steht auch nach Corona noch. Zunächst werden die nahen Märkte wie Deutschland, Belgien und die Niederlande wieder nach Köln kommen und langfristig auch die Fernreisen.

Was können Sie jetzt für den Tourismus in Köln tun?

Amann: Wenn wir die Krise meistern wollen, müssen wir die touristische Infrastruktur erhalten. Die wird häufig von kleinen und kleinsten Unternehmen wie Gästeführer oder auch Gastronomen getragen, die kaum Rücklagen haben und die jetzt eine Soforthilfe dringend brauchen.

Wie nutzen Sie die Zeit jetzt in der Krise?

Amann: Vor Ort gibt es derzeit keinen Informationsbedarf, deshalb haben wir auch unser Servicecenter und unseren Shop geschlossen. Für unsere Geschäftspartner sind wir jetzt aber eine wichtige Stelle, die Informationen sammelt und verteilt. Jetzt geht es schon um die Planung für die Zeit nach Corona. Gut ist es, dass es in Köln Initiativen wie die Veedelsretter gibt, bei denen Unternehmen Unterstützung bekommen. Hilfreich ist auch Eventcrisis, ein Zusammenschluss von Unternehmen im Kongress- und Tagungsbereich. Diese versuchen die Auswüchse der Krise abzumildern.

Wie sieht es bei der Hotellerie aus?

Amann: Da gibt es im Moment keine Nachfrage mehr. Die einzigen Reisenden, die jetzt noch in Hotels unterkommen dürfen, sind Geschäftsreisende, die einen konkreten und dringend notwendigen Termin in Köln belegen können – das sind aber sehr sehr wenige.   Für die Hotels bleibt jetzt nur noch die Reduzierung durch Kosten. So werden Verträge mit Subunternehmen gekündigt und die Möglichkeit, auf Kurzarbeit umzustellen, genutzt. Es gab auch schon betriebsbedingte Kündigungen. Klar ist, dass es, wenn die Krise über Monate andauert, auch Insolvenzen geben wird.

In wie weit wird die Krise den Tourismus zurückwerfen?

Amann: Wir waren auf einem sehr guten Weg wie die Rekordzahlen aus dem Vorjahr zeigen. Da ist die Krise ein großer Rückschlag, gerade für ein Reiseziel, dass eine so große Internationalität wie Köln hat. Dazu kommt, dass so manches Unternehmen jetzt erkennt, dass Geschäftsreisen auch durch Videokonferenzen ersetzt werden können. Zudem wurden wichtige Wirtschaftsveranstaltungen wie Messen und Kongress verschoben. Aber Köln bleibt als Tourismusdestination attraktiv und ein Imageschaden ist auch nicht zu befürchten. Corona ist eine weltweite Entwicklung. Wir kommen zurück auf die Erfolgsspur, auch wenn das zwei bis drei Jahre dauern könnte.

Wie halten Sie jetzt Köln als Reiseziel in Erinnerung?

Amann: Wir versorgen Interessierte nach wie vor mit Inspirationen zu Köln. Dazu gehört unsere Homepage, auf der wir unter #inköllezehus virtuelle Angebote vorhalten, z.B. der Museen oder auch Stadtrundgänge. Normalerweise bringen wir Menschen nach Köln. Jetzt bringen wir Köln zu den Menschen – sie können ihren Sehnsuchtsort nun auf dem Sofa erleben.

Wie wird sich das Reisen durch Corona verändern?

Amann: Nach der Krise werden die Menschen beim Reisen auf die nähere Umgebung setzen. So wird es Ausflüge und Wochenendreisen verstärkt geben. Fernreisen werden dagegen ihr Niveau erst wieder in zwei bis drei Jahren erreichen. Aber der Wunsch, Neues zu entdecken, ist Teil der Natur des Menschen. Das wird auch die Krise nicht verändern.

Wie verändert sich die Gesellschaft?

Amann: Es hat sich eine Kultur des Zusammenhalts entwickelt. Junge helfen den Alten und gehen wie ein Teamleiter von mir für Nachbarn einkaufen. Dazu kommen Initiativen wie die Veedelsretter, wo Kölner ihren lokalen Unternehmen helfen. Positiv ist auch, dass sich jetzt sehr viele an die Regeln halten. In Köln wurde ein Rückgang bei den Bewegungen in der Stadt um 40 Prozent gemessen. Das ist bemerkenswert. Es ist ein Stück Solidarität mit Nachbarn, wenn man jetzt zu Hause bleibt. Verändert hat sich auch die Wertschätzung bei Berufsgruppen wie Krankenschwestern, Pflegern und Verkäufern, die es vorher so nicht gegeben hat. Ich hoffe sehr, dass dies auch nach der Krise erhalten bleiben wird.

Wie gehen Sie privat mit der Bedrohungslage um?

Amann: Ich vermeide soziale Kontakte bis auf die zu meiner Kernfamilie mit meiner Frau und meinen drei Kindern. Ich gehe nur noch ins Büro, wo wir aktuell nur mit drei bis vier Kollegen vertreten sind. Der Rest ist im Homeoffice oder hat frei. Es gibt auch die Überlegungen zur Kurzarbeit, wenn die Krise länger andauern sollte. Sonst bin ich nur noch zu Einkäufen draußen.

Welche Tipps haben Sie für die Zeit zu Hause?

Amann: Ich kann da von unseren Aktivitäten in der Familie berichten. Meine 18-jährige Tochter bereitet sich gerade auf ihr Abi vor, da bin ich als Vater der Motivator. Mit meinem Sohn und meiner Frau schaue ich gerade gerne die James-Bond-Klassiker an und mit meiner jüngeren Tochter spiele ich „Mensch ärgere Dich nicht“ oder Autorennen auf der Playstation, wobei ich beim Brettspiel oft gewinne und bei der Playstation meist das Nachsehen habe. Ansonsten kann ich zum Besuch unserer Homepage koelntourismus.de raten, da gibt es viel in Köln zu entdecken.

Autor: Von Stephan Eppinger